Das Prüfteam ging dabei insbesondere der Frage nach, ob die Gemeinde sachgerecht, rechtmäßig und wirtschaftlich verwaltet wird. Die wesentlichen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen wurden nun in der Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses durch den Projektleiter Stefan Loepke, den gpa-Prüfer Stefan Görgen sowie den Präsidenten der gpaNRW Michael Esken vorgestellt.
„Die Kommunalfinanzen sind einer echten Belastungsprobe durch die sich überlappenden Vielfachkrisen ausgesetzt. Die Auswirkungen sind in allen öffentlichen Haushalten zu sehen. Die Gemeinde Niederzier bildet hier keine Ausnahme. Erfreulich ist, dass die Gemeinde im zurückliegenden Zeitraum trotz der verschiedenen Ausprägungen ihre Gemeindefinanzen stabilisieren konnte. Nun gilt es die Resilienz zu optimieren und finanziellen Unwuchten vorzubeugen“, erklärt gpa-Präsident Michael Esken zu Beginn der Präsentation.
Im Zentrum der Prüfung standen die Themenbereiche Finanzen, Vergabewesen, Informationstechnik (IT) an Schulen, ordnungsbehördliche Bestattungen und Friedhofswesen.
„Die Finanzen der Gemeinde Niederzier unterliegen im Betrachtungszeitraum der Jahre 2016 bis 2021 deutlichen Schwankungen. Ursächlich für diese Entwicklung sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Verbindung mit unterschiedlichen Steuereinnahmen. Das Eigenkapital konnte im Vergleich zu 2016 um 1,6 Mio. Euro erhöht werden. Die Gesamtverbindlichkeiten sind aufgrund eines Liquiditätskredites für eine Gewerbesteuererstattung sprunghaft angestiegen“, analysiert gpa-Projektleiter Stefan Loepke die Lage der Gemeindefinanzen. Der Ausblick in die Finanzplanung zeigt, dass die allgemeinen haushaltswirtschaftlichen Risiken kritisch zu beobachten sind. Aus den vorläufigen Jahresabschlüssen ergeben sich Jahresüberschüsse, die die erwarteten Jahresdefizite bis 2027 auffangen könnten. Der Rat hat eine Anhebung der Realsteuerhebesätze für 2021 und zusätzlich für 2024 eine Anhebung der Grundsteuer B beschlossen und damit die gemeindliche Ausgangslage verbessert, um den wachsenden Herausforderungen zu begegnen. Das eingerichtete Finanzcontrolling begünstigt und stärkt eine transparente Haushaltsführung. Optimierungschancen sieht die gpaNRW im Bereich des Kredit- und Anlagenmanagements
durch strategische und operative Regelungen.
Das Vergabewesen der Gemeinde Niederzier erfolgt ab einem Auftragswert ab 10.000 Euro netto von einem kommunalen Dienstleister als zentrale Vergabestelle. „In der aktuellen Dienstanweisung zum Vergabewesen werden die Zuständigkeiten und Verfahrensabläufe geregelt und die Pflichten der jeweiligen Vertragsparteien beschrieben“, lobt gpa-Prüfer Stefan Görgen die Gemeinde. Optimierungspotenzial sieht die Prüfungsbehörde aus Herne darin, noch die Bearbeitung von Nachtragsverfahren eindeutig zu definieren. „Für den Bereich Korruptionsschutz sollten die Regelungen aktualisiert und an zentraler Stelle
zusammengeführt sowie um Regelungen zum Sponsoring ergänzt werden“, regt Stefan Görgen an und verweist auf den kostenlosen Muster-Dienstanweisungen als Service der gpaNRW.
Die Informationstechnik (IT) ist ein wichtiges gesellschaftliches, wirtschaftliches und pädagogisches Zukunftsfeld. „In der Gemeinde Niederzier ist die IT-Ausstattung an den Grundschulen und der Präsentationstechnik in den Lehrräumen auf einem überdurchschnittlichen Niveau. Die Medienentwicklungsplanung basiert auf einem Kooperationsmodell mit der Kommunalen Datenverarbeitungszentrale Rhein-Erft-Rur und der Stadt Jülich“, berichtet Stefan Görgen aus der Prüfung.
In der Gemeinde in der Jülicher Börde gibt es nur selten ordnungsbehördliche Bestattungen. „Die rechtlichen Bestimmungen und Fristen werden von der Gemeindeverwaltung eingehalten. Die Verfahrensstandards sollten verschriftlicht und Verwaltungsgebühren erhoben werden“, empfiehlt gpa-Projektleiter Stefan Loepke.
Das Friedhofswesen erlebt einen grundlegenden Wandel. Diese Veränderung bringt Herausforderungen für das kommunale Friedhofsmanagement mit sich. „Die Gemeinde Niederzier hat den Wandel erkannt und reagiert. Nicht mehr benötigte Flächen der aktiven Friedhöfe werden bereits teilweise einer anderen Nutzung zugeführt. Ergänzend regen wir an, die Entwicklung des Friedhofswesens langfristig unter Einbindung der Ratsgremien zu planen und zusätzliche Bestattungsformen zur Erhöhung der Nachfrage zu prüfen“, fasst Stefan Loepke von der gpaNRW dieses Handlungsfeld zusammen.
Die Gemeinde Niederzier stellt sich den Herausforderungen der haushaltswirtschaftlichen Risiken. ‚Niederzier Ist Heimat, schafft Zukunft.‘ so lautet der Slogan auf der Homepage der Gemeinde. „Daher unsere Empfehlung, bleiben Sie aktiv, um Ihre Gemeinde weiter zukunftsfähig und modern aufzustellen. Unser Bericht liefert Ihnen einige Hinweise für mögliche Aktivitäten“, zieht der Präsident der gpaNRW Michael Esken ein Fazit.
Bürgermeister Frank Rombey erklärt abschließend zu den Ergebnissen der gpaNRW: „Ich möchte mich bei der gpaNRW für die in den vergangenen eineinhalb Jahren durchgeführten überörtlichen Prüfung der Gemeinde Niederzier bedanken. Es ist für die Qualität des eigenen Handelns immens wichtig, die Arbeitsprozesse regelmäßig auch von externen Akteuren begutachten zu lassen. Die aus der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse und aufgezeigten Handlungsempfehlungen nehmen wir dankend entgegen, da sie wertvolle Impulse für unsere tägliche Arbeit darstellen und dazu beitragen werden, die Gemeinde Niederzier weiterhin zukunftsfähig fortzuentwickeln.“
Info zur gpaNRW
Die gpaNRW ist Teil der staatlichen Aufsicht des Landes über die Kommunen und wurde im Jahr 2003 gegründet. Sie hat ihren Sitz in Herne. Ihr ist durch Gesetz und Gemeindeordnung die überörtliche Prüfung aller 396 Kommunen, der 30 Kreise sowie der Städteregion Aachen, der beiden Landschaftsverbände und des Regionalverbandes Ruhr (RVR) übertragen. Präsident der gpaNRW ist seit 15. September 2023 Bürgermeister a.D. Michael Esken.
Die gpaNRW veröffentlicht ihre Prüfungsberichte auf ihrer Homepage unter www.gpa.nrw.de (Öffnet in einem neuen Tab).